Nicht nur wegen Allerheiligen und Allerseelen ist der Anfang des Monats November eine ganz besondere Zeit im Allgäuer Brauchtumsjahr.
Schließlich war die Ernte eingebracht, das Vieh war wieder in den Ställen, die wichtigsten Arbeiten waren vollbracht.
Es kehrte Ruhe in Haus ein.
Eigentlich gar nicht so verwunderlich, dass diese Zeit in der Zeitrechnung unserer keltischen Vorfahren der Jahresanfang war: Und das war eben in der Zeit um den 1. November herum, genauer gesagt bei Neumond.
Und außerdem glaubten die Kelten, dass an diesem Tag die Verstorbenen für einen Tag in ihr früheres Leben zurückkehren würden….
Doch hätten Sie gedacht, dass es im alten christlichen Brauchtum nicht anders war? Noch vor hundert Jahren konnte man in Brauchtumsbüchern lesen, dass die Menschen für diese „Rückkehr“ Vorbereitungen trafen: So legten unsere Vorfahren am Abend ein zusätzliches Gedeck auf den Tisch und man achtete darauf, dass die Schneiden und Spitzen des Bestecks nach unten zeigten. Die „armen Seelen“ sollten sich ja nicht verletzen. Auch achtete man darauf, dass keine leere Pfanne auf dem Ofen stand, damit sich nicht eine „arme Seele“ versehentlich da hinein setzt. Daneben stand übrigens ein Schälchen mit Öl, damit sich die „Besucher“ ihre Wunden kühlen konnten. Darin sollten sie ihre Finger baden um die Stellen kühlen zu können, die ihnen das heiße Fegefeuer verursacht hat.
Besonders oft legte man übrigens zur Befriedigung der leiblichen Bedürfnisse früher „Seelenbrote“ aus Hefegebäck auf den Tisch, aber auch „Seelenzöpfe“ , Seelenbrezen und „Seelenwecken“.
Dieses Seelengebäck wurde aus dunklem Roggenmehl hergestellt und hatte oft die Form eines Zopfes, denn nach alter Vorstellung hatte die Seele ihren Sitz in den Haaren. In der Rosenheimer Gegend wurden noch bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts den heimkehrenden Seelen in der Nacht ein „Seelenmahl“ aufgetischt und „Seelennudeln“ zur Stärkung vor die Haustür gelegt. In manchen Gegenden brachte man zum Grab auch einen Laib Brot und hängte eine „Seelenbreze“ auf das Grabkreuz.
Daneben war der Tag für die Taufpaten von besonderer Bedeutung. Die Paten schenkten nämlich ihren Patenkindern Seelenzöpfe, Seelenbrezen oder Seelenwecken und die Beschenkten hatten daraufhin stets zu antworten: „Vergelt´s Gott für die armen Seelen.“
Von diesem Brauch hören mehr im Unterallgäu als im übrigen Allgäu, doch notierte um das 1900 noch ein Pfarrer in Wildpoldsried diesen Brauch. Er fügte auch hinzu, dass es üblich war, dass die Paten ihren Patenkindern noch andere Geschenke zu Allerseelen überbrachten.
Interessant aber auch eine Abbildung im Atlas für Deutsche Volkskunde aus dem Jahre 1920. Hierin finden wir eine richtige Landkarte aus Schwaben mit den bildlichen Hinweisen, was in dieser Gegend die besonders bevorzugten Patengeschenke waren.
Wieder ein Beweis dafür, dass Brauchtum eben nicht in allen Gegenden gleich ist……
Und falls Du noch was brauchst:
- in machen Gastwirtschaften erhielten die Besucher an Allerseelen kostenlos ein Maß Bier. Aber sie mussten dann sagen: „Vergelt´s Gott für die armen Seelen.“ Taten sie das nicht, nahm der Wirt die Maß wieder weg.
- In machen Gegenden – auch im württembergischen Allgäu – gab es beim Leichenmahl stets auch Hefegebäck, wobei Nusshörnchen bevorzugt wurden. Nach altem Volksglauben „treibt“ eben Hefe die Seele schneller nach oben. (noch im letzten Jahr hat sich übrigens eine Memmingerin gewünscht, dass es bei ihrer Beerdigung für die Trauergäste nur Nusshörnchen zu essen geben sollte)
- Gut war es, mehrere kleinere Hefegebäckstücke zu schenken und zu essen als ein großes. Schließlich sagte man sooft man etwas geschenkt bekam: „Vergelt´s Gott für die arme Seele.“
- „Um der armen Seelen willen” bettelten die Kinder früher auch mancherorts und erhielten Äpfel, Getreide, Mehl, Schmalz, Geld und vor allem Brot.
- Es gab auch Gegenden, wo die Kinder auf den Gräbern kleine
Münzen suchten und auch fanden, die dort hingelegt wurden, damit
sich die zurückkehrenden Verstorbenen etwas kaufen konnten.
Kinder holten sich diese Münzen. Es war Geld für die sogenannten „Seelenbirnen”.