Der Wiener Schal
Auch in Österreich brachte die Schalerzeugung einen großen wirtschaftlichen Aufschwung. Die in Wien produzierten Schals nannte man wegen ihrer Ornamente "türkische" oder "persische", sie wurden allerdings als "Wiener Schals" exportiert.
Kaiserin Maria Theresia, die das Kunsthandwerk förderte, sandte 1749 den Musterzeichner Florian Zeiß nach Paris, um die französischen Musterschulen zu studieren und sein eigenes Zeichnen zu perfektionieren. Nach seiner Rückkehr erfolgte die kaiserliche Gründung der "Commerzialzeichnungsschule" als Ausbildungsstätte für Musterzeichner und Fabrikanten.
Maria Theresia und Joseph II. eröffneten mit ihren Förderungen ein wahres Seidenzentrum.
Der "Wiener Schal" war aus Seide, aus Wolle oder aus Seide mit Wolle mit gewebten oder bedrucktem Muster. Er war vorerst rechteckig, später quadratisch und er wurde immer größer.
Die Vielfalt der Muster spiegelte sich in der Bezeichnung wieder etwa "Girlandentuch".
Die Muster- und Produktensammlung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Ausdruck des Selbstbewusstseins der Textilfabrikanten.
Die Kaschmir-Mode, die vor allem in England, Frankreich und Österreich eine blühende Industrie hervorgebracht hatte, dauerte weniger als ein Jahrhundert lang. Einflüsse politischer Natur, industrieller Forstschritt (Webstühle, chemische Farben etc.) und veränderte Modestile verursachten den Untergang der Schalerzeuger.
Auch als der Schal nicht mehr in Mode war, hielt sich der Brauch, der jungen Braut einen Kaschmirschal zu schenken.
Und bis heute tragen die Goldhauben- und Kopftuchfrauen zu ihren seidenen Bürgerkleidern das türkische Tuch, das heute noch von der Wiener Seidenweberei Flemmich erzeugt wird und in den letzten Jahren auch von modischen Trägerinnen wieder entdeckt wurde.
(Literatur: Auszüge aus Monique Levi-Strauss, Cashmere. Ullstein 1987)
Maria Fischl, Trachtenforschung Trachtenpflege im Gau Niederbayern